Spanien



Ich werde nicht über Spanien schreiben, nicht einmal über Madrid, das viele von Euch gut kennen.

Ich werde über den Prado erzählen, Marlene's und mein Lieblingsmuseum. Wir haben es für uns in den frühen

siebziger Jahren entdeckt und wir wissen nicht genau, was uns so gut gefällt, vielleicht die lichtdurchfluteten

Säle, aber wahrscheinlich die Bilder von El Greco, Goya und Velasques.

Bei unserem letzten Madridbesuch mussten wir den Prado auslassen, es war eine Kombination von wenig Zeit

und langen Schlangen bei den Kassen.

So haben wir uns diesmal Karten und Katalog übers Internet bestellt und konnten an den Schlangen vorbeihuschen.

Der Prado ist ein exzellentes Museum, aber nicht so groß wie andere (Prado: 10.000 Kunstgegenstände, Louvre: 35.000).

Es wurde als königliches Museum für Malerei 1819 eröffnet und unter großen Schwierigkeiten (Anrainer!) von 1990 bis

2007 erweitert. Auch die Kosten explodierten: statt 25 Millionen Euro wurden 152 Millionen. Aber man kann sagen, es

präsentiert sich heute wunderschön.

Viele Säle kommen ohne Kunstlicht aus.

Von Murillo gefallen uns weniger die kirchengeschichtlichen Bilder, als die Kinder, die er beobachtet, "Der gute Hirte"

oder "Die Heilige Familie mit dem Vögelchen".

El Greco fasziniert mit seinen überlangen Körpern, die irgendwie doch passen. Hier die "Taufe Christi"

Dieses Bild ist eines von sechsen, die ein komplettes Altarbild bildeten und heute in alle Winde zerstreut sind. Für

El Greco war es sein größter und lukrativster Auftrag (er bekam ihn von Anna von Österreich 1596). Mit seiner freien

Auffassung und dem Abgang vom Naturalismus löste er auch noch hunderte Jahre später Befremden aus. Und vieles

in seinen Bildern wirkt surreal und aus heutiger Sicht modern.

Seine Portraits allerdings wurden schon von Zeitgenossen geschätzt. Hier sein "Edelmann mit der Hand auf der Brust"

beispielgebend für Generationen von Portraitisten.

 

Als der Prado 1819 seine Pforten öffnete, war Goya noch am Leben (1746-1828). Doch nur 3 seiner Werke hingen in

den Sälen. Seit damals hört der Prado nicht auf, Werke Goyas zu erwerben. Er ist heute der am stärksten vertretene

Künstler des Museums mit 150 Bildern und 500 Zeichnungen. Wenige schöpferische Menschen hinterließen ein so

herausragendes Vermächtnis. Auch die Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts verstehen ihn als Zeitgenossen.

Ausgebildet im Spätbarock und französischem Rokkoko, durchquerte er die Romantik und schuf einen sehr persönlichen

Stil, der künftige Entwicklungen wie den Expressionismus und Surrealismus zu erahnen scheint.

Hier ein Selbstportrait des 69jährigen, 1815.

Er war einer der wichtigsten Portraitisten seiner Zeit, hier seine frühen Förderer die Herzöge von Osuna und ihre Kinder.

Seine Bilder über den 2. und 3. Mai 1808 (der Volksaufstand der Madrilenen gegen die französischen Besatzer und die

Schnellhinrichtungen der Aufständsichen durch die Franzosen) sind Meisterwerke der Komposition und voller Wut und

Verzweiflung. Hier "Der Kampf gegen die Mamelucken" (das waren ägyptische Krieger im Sold Napoleons):

Keine Betrachtung kann ohne die Maya-Bilder auskommen. "Die nackte Maya" stellt das einzige Aktbild seiner Zeit dar,

da die Inquisition diese Gattung verboten hatte. Goya präsentiert die Liegende, die ohne Scheu zum Betrachter schaut,

auf realistische und direkte Art.

Unzählige Legenden ranken sich um die Identität des Modells. Wahrscheinlich war es die Herzogin von Alba, was den

Skandal um so größer macht. Nach verschiedenen Verbannungen konnte das Bild erstmalig 1901 gezeigt werden.

Die Werke des späten Goya werden als "Pinturas Negras" bezeichnet und sind durchwegs expressionistisch-deprimierend.

"Zwei Alte beim Essen":

 

Der Prado bewahrt zahlreiche Hauptwerke großer Meister auf, wie Bosch, Dürer, Rubens und Goya. Müsste man aber

das Museum mit nur einem Künstler identifizieren, so wäre das Diego Velázquez. Im Prado werden 50 seiner 120

Gemälde ausgestellt, einschließlich seiner bedeutendsten und anspruchsvollsten. So bildet Velázquez das Zentrum des

Museums, das ihm auch den besten Platz einräumt, den großen Raum im Hauptgeschoss.

Abgesehen von seinen Reisen nach Italien, entstand der größte Teil seiner Werke am Hof Philipps IV. Sie wurden in den

königlichen Sammlungen aufbewahrt und gelangten so in den Prado.

Wahrscheinlich mein Favorit ist "Der Triumph des Bacchus" (oder auch einfach "Die Trunkenbolde").

Am Hof war er der beliebteste Portraitist. Im Auftragswerk "Der Herzog von Olivares" erscheint Guzmán arrogant und

wuchtig, in höchster militärischer und politischer Position.

Velázquez widmet sich auf eine sehr persönliche Art dem wichtigsten Sieg der Spanier Anfang des 17. Jahrhunderts,

der Eroberung Hollands, versinnbildlicht durch die Übergabe der Stadt Breda an Spínola. Er legt Nachdruck auf den

Edelmut und die Milde des Siegers.

Ein Bild der Meditation und der Ausgewogenheit von Hell-Dunkel stellt das frühe Werk "Die Anbetung der heiligen

drei Könige" dar.

Das bekannteste Werk des Prado und Marlenes uneingeschränkter Liebling ist "Las Meninas". Das komplexe Bild

präsentiert sich zwar wie ein Stück aus dem Leben, verbirgt aber hinter seiner Einfachheit zahlreiche Lesarten. Die

Infantin Margarita wird von zwei Zofen umgeben (Meninas=Hoffräulein) und Zwergen und Narren. Aber im Hinter-

grund sieht man die Silhouette des Hofmarschalls und einen Spiegel. Er reflektiert das Königspaar, das sich demnach

außerhalb des Bildes und zwar im Raum des Betrachters befinden muss. Eine ausgewogene Komposition, geschickte

Nutzung des Lichtes und eine perfekte Beherrschung der Perspektive. Velázquez selbst stellt sich mit dem Kreuz

des Santiago-Ordens dar und positioniert sich im selben Bereich wie die Infantin: er erhebt Anspruch auf den Adel

seiner Person und seiner Kunst.

 

 

Vielleicht haben wir Euch Lust gemacht, den Prado selbst zu erobern ?!

 

P.S.: Da leider jegliches Fotografieren im Prado verboten ist, habe ich selbst keine Bilder beisteuern können. Es sind alles

'Leihgaben' aus dem Internet.